Sonntag, 30. September 2012

Daseinsverlust

Nachdem ich die letzten beiden Tage total genervt und todmüde frisch und fröhlich meine Frühschicht angetreten habe, viel mir doch heute ein Artikel ins Auge. Es ging dabei um den Sachverhalt des "Hirntodes".

Nein, es soll hier nicht um unsere Volksvertreter gehen, sondern um Kranke, Patienten einer Klinik.

Was ist Hirntod?

Auch wenn du, hinter der Matschscheibe, dir sicherlich denken wirst: "Das weiß ich schon, nerv mich nicht mit sinnlosen Definitionen!" Bleib mal ganz geschmeidig, man kann es nicht oft genug beschreiben.
Der Hirntod wurde erstmal 1968 in Harvard an der Medical School geprägt. "Brain Death" beschreibt ein irreversibles Koma bei dem keine Gehirnströme mehr gemessen werden können.

Der Knackpunkt: Irgendwie doch nicht Tod

 Infolge eines Hirntodes können dennoch die anderen Körperfunktionen aufrecht erhalten werden. Kreislauf, Herzschlag, ja selbst die Erektion des Mannes funktioniert wie geschmiert... äh einwandfrei, selbst hirntote Schwangere können ihr Baby austragen. Nun stellt sich mir, und auch vielen anderen Menschen die Frage: Kann man Tod sein, obwohl alle Körperfunktionen weiterhin bestehen?
Die Merkmale des Lebens (hey, hab ich in Bio doch was gelernt!) sind trotz Hirntod dennoch erfüllt:
  1. Energie- und Stoffwechsel
  2. Wachstum
  3. Fortpflanzung und Vermehrung
  4. Eigene Bewegung
  5. Reizbarkeit und Wahrnehmung von Reizen

Einmal frische Leber, bitte!

Wenn man sich die Umstände anschaut, kann man einiges schlussfolgern. Die Transplantationsmedizin hat Fortschritte gemacht, es werden immer mehr Organe benötigt. Im deutschen Recht ist niedergeschrieben, dass die Explantation nur an toten Menschen vorgenommen werden darf. Infolge eines festgestellten Hirntods wird ein Totenschein ausgestellt... obwohl alle Lebensfunktionen immernoch funktionieren und der Patient weiterhin behandelt wird?
Entnehmen wir Spenderorgane von Lebenden, vorallem ohne Narkose (im deutschen Recht besteht keine Narkosepflicht im Falle des Hirntodes)?

Es gibt den Standpunkt, dass man ohne Gehirnfunktion Tod sei, weil ein weiteres Leben ohne Maschinen nicht möglich ist und deshalb die Organe an solche Menschen gegeben werden sollten, die eine große Heilungschance haben.

Es gibt Berichte von Menschen, welche nach einer Hirntod-Diagnose innerhalb weniger Tag wieder genesen sind. Selbst nach 14 Jahren (!) Koma sind Menschen immernoch geheilt worden. Wie kann man also von einem Tod sprechen, wenn der Patient innerhalb der nächsten zwei Tage wieder für den Bundestag kandidieren könnte?

Übrigens geht die Zahl der Organspender zurück. Der Grund: In Patientenverfügungen werden lebenserhaltende Maßnahmen abgelehnt, so kann man nicht weiterbehandelt werden bis zur Organentnahme - das heißt doch, dass Lebenden Organe entnommen werden!

Philosophische Gedanken

Genug von Medizin und Recht, wie siehts mit den philosophischen Aspekt aus?
Das Hirn, die Gefühle, Seele, das Denken... all das macht uns Menschen, das Miteiander aus.
Stirbt das Hirn stirbt mit ihm das Fühlen, die Reflexe. Wer sagt denn jedoch, dass auch die Seele stirbt? In der Ethik besteht die Idee des Weiterlebens der Seele nach dem irdischen Ableben das heißt doch für einen Hirntoten, dass auch er weiterlebt. Deswegen ist zumindest eine Narkose und vorallem eine Patientenverfügung angebracht...
Selbst Hirntote sind immernoch Menschen, und kein Restlager!

...und im Weiteren

Ich hab jetzt meine alten Kurzgeschichten gefunden, werde sie im Laufe der nächsten Zeit digitalisieren und hier reinstellen. Für den gepflegten Lesespaß zum Nachdenken und für Zwischendurch.

2 Kommentare:

  1. Hallo Julien,

    das Thema ist sehr interessant und voller Klippen, aber du hast es gut dargestellt!

    Dass die Veränderung der Begrifflichkeit angewendet wird, um Organe vorzeitig neuen Patienten zuzuführen, ist leider grausame Realität.

    Vor ein paar Tagen ging ein diesbezüglicher Skandal durch die Medien und der Arzt meinte:
    "Ich habe schon viel schlimmer Verletzte gesehen und die sind alle wieder vollständig genesen." (So oder so ähnlich)

    Da könnte man sich fragen, ob man überhaupt einen Organspender-Ausweis beantragen sollte, wenn man im Falle eines "Unfalles" zu schnell ausgeschlachtet wird...


    Viele Grüße,
    Literatur-begeisterte-Fee

    PS: Das "Person-Sein" geht dem Menschen selbst dann nicht verloren, wenn er vermeintlich nur "vegetiert".

    ----------------------------------------------
    http://www.literatur-begeisterte-fee.blogspot.de/


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    1. Hallo Literatur-begeisterte-Fee,

      Danke für deinen Kommentar.
      Ich sehe es derzeit genau so wie du, soll man wirklich noch einen Organspender-Ausweis beantragen, wenn man damit rechnen muss vorzeitig ausgeschlachtet zu werden? Ich finde nicht, und ehe es nicht eine vollständige Gesetzesüberarbeitung gibt werde ich mir auch sicher keinen Pass zulegen.
      Und letzteres sehe ich ähnlich, egal in welchem "Zustand" der Mensch ist... er ist und bleibt ein Mensch!

      Grüße, Julien

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