Sonntag, 30. September 2012

Kurzgeschichte I : Dunkelheit

Und auf gehts mit den Kurzgeschichten!
Hier ist die Erste, eine Kürzere mit etwas Pfeffer und Salz genüßlich wie eine 5-Minuten-Terrine. :)


Dunkelheit

"Wen grüßt er denn?", sprach die kleine, rundliche Dame. "Ich hab nicht den blaßesten Schimmer", entgegnete die neben ihr sitzende große Frau, "das geht schon die ganze Woche so, sollte wir ihn nichtmal fragen, ob ihm etwas fehlt?" "Quatsch, wenn ihm etwas fehlen würde, hätten es uns die Ärzte schon mitgeteilt." "Wenn es doch aber nichts Körperliches ist?", fragte die große, in blau gekleidete Frau. "Bei dir ist es wohl nichts Körperliches, Paula, jetzt spinn hier nicht rum, wir sind nicht im Irrenhaus!" Es folgte eine lange Schweigephase, welche nur unterbrochen wurde durch Klopfen an der Glasscheibe, welche den Raum der Frauen mit einen anderen Raum trennte. "Was zur Hölle stellt er denn jetzt wieder an? Schalt das Licht aus und klapp die Läden runter, Paula!", befahl die kleine Frau, woraufhin sich die Andere ihrem Befehl beugte.
Es war dunkel in seinem Zimmer und er war sich nicht sicher, ob es Tag oder Nacht sei, Sonntag oder Mittwoch, Jannuar oder September. Egal ob Licht oder Dunkelheit, Weiß oder Schwarz, eines war für ihn sicher: Er musste weiter grüßen. "Hallo, ich grüße dich, alter Freund!"... keine Antwort. "Wie geht es dir heute?"... keine Antwort. Plötzlich tönte es aus einer Ecke: "Barnabus, was zur Hölle machen sie da?" Die Stimme kam ihm vertraut vor. "Wen grüßen sie denn bitte? Haben sie nicht mehr alle Lichter am Fahrrad? Paula, Licht an, Läden hoch!" Licht, weiß. Endlich wurde er von der Dunkelheit erlöst. "Jetzt lassen sie mich doch in Ruhe, Ingrid!" brüllte er in Richtung einer Wand, setzte sich dann auf den Boden und nahm den Kopf zwischen die Beine. "Sie wissen ganz genau, wen ich grüße! Fragen sie meine Frau, oder meinen Sohn!" "Barnabus, das können wir nicht!" "Faulheit, absurde Faulheit in Verbindung mit Fettleibigkeit am Arbeitsplatz. So habe ich sie mir vorgestellt. Jetzt löschen sie das Licht!" Ohne eine Antwort nahm die Dunkelheit wieder ihren Platz ein. Wie ein kalter Mantel schmiegte sie sich an ihn, ein vertrautes Gefühl. Eine kühle Berührung auf seiner Schulter. "Freut mich dich zu sehen!" flüsterte eine Stimme in Barnabus' Ohr. "Es ist lange her, Barnabus..." "Jahrzehnte, alter Freund" entgegnette er und lächelte kurz. "Spar dir dein Lächeln!" fuhr ihn die Stimme an, "du weißt genau wieso ich hier bin! Wir hatten eine Abmachung!" "Deswegen rief ich dich, Freund, ich möchte sie gerne erfüllen." "Jetzt noch?" lachte die Stimme, "du bist reichliche spät.. Obwohl ich nehme mir was mir zusteht. Frau und Kind kann ich dir dennoch nicht wiederbringen." "Dann geleite mich zu ihnen... Gevatter Hein."

2 Kommentare:

  1. Auf eine angenehme Weise liest sich deine Kurzgeschichte nicht so einfach.Es ist für mich, als Leser, eine kleine Herausforderung am Ball zu bleiben und zuzusehen wie sich das Bild von Wort zu Wort ändert. Beispielsweise saßen die Frauen, in meiner Vorstellung des ersten Satzes, an einer Bushaltestelle (hat sich dann selbstverständlich geändert). Es ist interessant wo du mich hingebracht hast ;).

    Außerdem benutzt wirklich schöne Ausdrücke "wie ein kalter Mantel schmiegte sie sich an ihn an.."-fabelhaft!

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  2. Danke. :)
    Man merkt wohl, dass ich Kafka und Nietzsche-Fan bin. Hoffe, dass ich eine leichtere Geschichte finde, oder vielleicht setz ich mich mal selbst wieder ran und tippe was zurecht. :)
    Freu mich über jedes Feedback!

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