Sonntag, 20. Januar 2013

Kurzgeschichte IV: Mittag

Aloha, liebe Freunde des gepflegten Hirnsalats, heute gibt es mal wieder etwas aus der Rubrik "Kurzgeschichte". Yeah, ewig ist die Letzte her, vielleicht ist diese mal wieder etwas für euch!

Mittag

Aus der Kantine strömte der zarte Geruch des heutigen Mittagessen. Mimi war sich nicht sicher, welche Köstlichkeit sie sich heute zu Gemüte führen sollte. Vielleicht die veganen Schweinefleisch-Klöschen, welche sie stets an die Wohnung ihrer Oma erinnerten, oder doch der süß-saure asiatische Sauerbraten Heidelberger-Art, der dank seiner Würze beinahe zu einer Gaumenexplosion führte. Eines stand für sie jedoch fest: Claudia, die liebreizende Küchendame war für Mimi eine kulinarische Göttin. Lächelnd betrat sie den Speisesaal und reihte sich in die Schlange ihrer hungrigen Mitmenschen ein. Vor ihr hatte sich bereits Fräulein Reinhardt, die Chemielehrerin, bequem in die Reihe geschlichen. Mit ihren zarten 62 Jahren war Olivia Sabrina Reinhardt eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet der Säure-Base-Praxis, Mimi verstand nur dank ihres überragenden Unterrichts, den Sinn von Schutzbekleidung.
In Gedanken versunken bemerkte sie garnicht die güldene Stimme ihrer Lieblingsküchenfrau Claudia, welche Mimi bereits zum 4 mal die alles entscheidende Frage stellt: "Ey, Püppi, Klöpse oder Braten?" Die dunkelhaarige Gourmetköchin überzeugte Mimi nicht nur durch ihre zungenentzückende Speisen sondern auch durch ihr feines Antlitz. Man konnte es nur Lieben, wie Claudias, dank Hanteln und Bier wohlgeformten Oberarme arbeiteten, wenn sie einmal die silbrig-glänzenden Metallbehältnisse voller Köstlichkeiten zur Theke trug.
Schließlich entschied sich Mimi für die veganen Schweinefleisch-Klöschen auf delikaten Rosmarin-Kartoffeln und fand an einem offenen Fenster ihren Sitzplatz. Genüßlich verarbeitet Mimi die gekochten Erdäpfel zu einer breiigen Masse. Claudia hatte sich wiedereinmal selbst übertroffen, und heute erkannte Mimi sogar die Geheimzutat. Die Küchendame litt wohl kürzlich unter einer Erkältung.
Wohlgesättigt legte Mimi kurze Zeit später ihre Gabel beiseite, offensichtlich wirkte sie bei weitem nicht so gefüllt, denn die freundlichen jungen Männer des Nachbartischs entschlossen sich, sie mit ihren Fleischklösschen per Löffelkatapult zu versorgen. Mimi strahlte vor Glück als eines der leckeren Geschosse in ihrem Haar hängen blieb, schließlich betonte es doch ihre strahlend-rotes Haar.
Nach einem Blick auf ihre imaginäre Armbanduhr stellte sie für sich fest, dass es nun Zeit war zu gehen. So erhob sich Mimi von ihrem Stuhl und verließ den Speisesaal breit grinsend mit einem Sprung aus dem Fenster.

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